Samstag, 30. Mai 2015

Live fast, die pretty

Unglaublich, jetzt wird's schon Zeit für die Midlife Crisis...langsam aber sicher haben sich seit der magischen Drei vor meinem jeweils aktuellen Lenzbetrag viele Zweifel eingeschlichen, die ich gerne nie kennengelernt hätte. Den Geburtstagsblues hatte ich ja irgendwie schon immer, aber mit der Zeit könnte ich mich mal mit meinem Alter anfreunden und akzeptieren, dass frau eben älter wird. Besser wird's ja nicht. Sonst kommen da noch mehr Falten zu den eh schon bestehenden dazu.

Im letzten Jahr ist viel passiert. Vor 365 Tagen habe ich den warmen Sommerregen in lustigen Yogaposen beim offenen Fenster genossen - im Wissen, das ist jetzt meine eigene Wohnung, meine Festung, hier bin ich sicher. Ein schönes Gefühl.

In der Zwischenzeit wurde zwar die eine oder andere Barrikade etwas gelockert, die Notwendigkeit dicker Steinmauern ist aber geblieben. Und man sitzt abends im Turmzimmer und in eine Decke eingemummelt, metaphorisch im Schaukelstuhl vorm Feuerchen wippend denkt man über die Geschwindigkeit des Alltags und die Vergänglichkeit nach. Das Aussehen ändert sich, die Zeit hinterlässt Spuren. Manchmal ists egal und manchmal weniger, dieses Gefühl, nirgends dazuzugehören, weil alle im selben Alter ein anderes Leben zu führen scheinen. 

Ich bin sehr dankbar dafür, Sport für mich entdeckt zu haben. Es macht immer und überall glücklich. Fast egal in welcher Form, es hilft einfach immer. Und wenn es nur bedeutet, dass man am Ende des Tages zu müde ist, über irgendetwas besonders nachzugrübeln. Ein Teil meines Lebens, den ich nie mehr missen mag. 

Letzte Weihnachten war ebenfalls ein Highlight, im Schneesturm am Jahresende noch schnell von den liebsten Menschen verabschiedet und nach langer Zeit mit dem Rucksack am Rücken das neue Jahr auf einem anderen Kontinent begonnen. Alleine zu reisen ist einfach mit eines der schönsten Dinge, die es für mich gibt. So lange ich will wann ich will was ich will - der pure Egotrip. Und am Ende wie immer unverhofft ein toller, entspannter Abschied mit wunderbaren Menschen aus dem Disneyland für Fortgeschrittene. Endlich hab ich Mopedfahren gelernt!

Mein Aufenthalt in Finnland ist nun ebenfalls vorbei und neben einem Roadtrip habe ich gerade am Ende Orte besucht, die gut zu meiner Stimmung passen: das Hospiz, eine Einrichtung für ältere Menschen und das "cadaver lab" des Spitals, in denen junge Medizinstudenten Operationstechniken lernen. Gesehen haben wir keine Körper, aber allein schon vor diesem Turm mit den paternosterähnlich angeordneten eiskalten, silbernen Bahren zu stehen hat mir die eigene Endlichkeit recht deutlich vor Augen geführt. 

kalt, kälter, Lappland Mitte Mai

Um meine Kollegin zu zitieren "i wish for a quick and happy death". Und ganz nackert betrachtet ist es mir auch herzlich egal, was danach mit meinen Überbleibseln passiert. Alle können alles haben, ich brauchs ja nimmer. 

Seeigel in Norwegen




Und ich freu mich auf Zuhause. 

Sonntag, 24. Mai 2015

Finnland so far

An diesem Wochenende ist es uns aufgrund der freundlich-verpflichtenden Anmeldung unseres Gastspitals zum örtlichen Frauenlauf nicht gelungen, Tampere zu verlassen und so bleibt mir genügend Zeit, kurz meine Eindrücke der vergangenen 3 Wochen zusammenzufassen. "Kurz" meine ich auch so, denn viel gibts einfach nicht...im Vergleich zu den skandinavischen Geschwistern Schweden und Dänemark könnte man Finnland vielleicht als den kleinen pickeligen Bruder bezeichnen: supernett, echt hilfsbereit aber nicht unbedingt sexy.

Ich bin ja hauptsächlich hier, um mir mittels unzähliger Interviews (Schnitt pro Tag ca 4-5 hintereinander - hallo Gehirn-Kurzschluss) das Gesundheitssystem näher anzusehen. Und wie Vieles hier (infrastrukturell gesehen) ist das absolut top - es gibt viel zu lernen. Aber: Nach der Behandlung hier will ich schnell wieder ins ranzige Wien. Vielleicht wird man mit dem Alter einfach sesshafter oder kann sich fremden Kulturen (hihi) nicht mehr so gut öffnen, aber ein bisschen fehlt mir hier das "Leben". Das Wetter ist schlecht, um nicht zu sagen sauschlecht. Die Gehsteige werden pünktlich um 21 Uhr hochgeklappt und das durchschnittliche Alter für junge Leute sich zu verheiraten und für Nachwuchs zu sorgen: max. 23. 

Unnützes Wissen:
  • Es finden sich in jedem Supermarkt ca. 50 verschiedene internationale Biersorten herum (die Craft Biermesse ist quasi permanently settled)
  • Ferienhäuser stehen unglaublich hoch im Kurs, genauso wie Saunas im Nirgendwo
  • Statt teure Radwege zu bauen, dürfen die Pedaliers einfach auch auf die Gehsteige...und es klappt, keiner regt sich auf, null Tote, böse Blicke oder Beschimpfungen Fehlanzeige
  • Ich habe mich in einem Land noch nie so sicher gefühlt
  • Die finnische Semmel hat Muschelform und ist mit kaltem Reispudding (salzig) gefüllt
  • Hier findet man die schlimmsten Männerjeans ever - am lebenden Objekt!
  • Ein Grund könnten die vielen Secondhandshops sein, ein wahres Paradies 
  • Die Wälder sind einfach so schön, hier und nur hier konnten die Mumins zum Leben erwachen
  • Jeder Sonnenuntergang ist einfach neu unglaublich schön
  • Wenn es eine Filterkaffeehölle gibt, dann hier - nur EUR 1,80!
  • In 5 Wochen keinen einzigen Polizisten gesehen
Nachdem ich aufgrund akuten Bewegungsmangels wieder in alte Muster zurückgefallen bin, durchforste ich wie anno dazumal wann immer möglich Thrift-Shops. Diese wunderbaren Einrichtungen fehlen eindeutig in der Heimat und erlauben das Erwerben unsäglichster Kleidungsstücke aus mir sehr lieben Epochen zum absoluten Dumpingpreis. Putzfetzenkleid ahoi!

Hier meine heutige Ausbeute zum Schnäppchenpreis (das Übergewicht im Flugzeug noch nicht miteingerechnet)

Hier war auch das Stückchen Erde, das mich auf den Rücken der Pferde katapultiert hat...wenn Kindheitsträume wahr werden.  Der typische Kleinmädchenfetisch hatte natürlich auch Mini-Me fest in der Hand und so träumte ich davon, einst mit Kind und Kegel auf einer Pferdefarm im Wald (!) zu leben. Der Start war holprig, meine Mutter ließ mich gerade mal durch den Elektrozaun ab und zu weiche Nüstern streicheln - bis vorgestern. Da stand ich so einem braunen Riesending Aug in Aug gegenüber. Und nach anfänglich sehr großem Respekt, bürstete ich mich schließlich so nahe an Herrn Emil heran, bis ich schwupps schon auf seinem Rücken gelandet war. Nach 2 geführten Runden war ich schon wieder ungeduldig und habs dann natürlich alleine probieren müssen. Aber mit Bremse, Kupplung Gas wars dann wieder so eine Sache - Herr Emil hat natürlich genau gewusst, dass ich von nix eine Ahnung hab, schon gar nicht, wie man ihn in Bewegung setzt. Unglücklicherweise (für ihn) hat er aber meine Penetranz unterschätzt und in Kombination mit flehenden Streicheleinheiten ist es also gelungen, mich samt Wendung einmal im Kreis zu befördern. Ich will wieder! Diese Augen! Dieser Geruch! Diese weichen Nüstern! Diese Verbindung!

Etwas holpriger Beginn - wird schon - Heey, Selfie!
Beware: bald hab ich auch noch ein Pferdefoto auf Tinder (das wäre dann ein bisschen arg)

Schnappschüsse vom Roadtrip nach dem Motto: Schlaf nicht in einem Auto, wenn es niemals dunkel wird. Andere könnten dir zusehen, wie der Sabber aus deinem Mund rinnt. Das Geweih hat mir übrigens der Couchsurfing-Host geschenkt und Rosa (die freche Fellnase oben rechts) hätte ich am liebsten gleich mit dazu entwendet...die liebsten Hirtenhunde überhaupt!

Dienstag, 12. Mai 2015

FF

Was die Abkürzung zu bedeuten hat, darf jeder nach Studium dieses Eintrags selbst erraten, ich kann nur vorab eventuellen Wind aus voreiligen Segeln nehmen: "Freiwillige Feuerwehr" isses nicht.

Seit Anfang Mai verbringe ich meine Tage ausschließlich im Hohen Norden. Und nach dieser Woche zwischen unglaublich netten Leuten und tollen Wäldern in Tampere hab ich trotzdem langsam die Schnauze voll von
  • Metalpubs
  • Eighties-Style
  • Sowjetarchitektur
  • 10 Grad, Wind und Nieselregen - dieser Kälte, die in alle Glieder kriecht und das Mitte MAI


Indiemusik, wo bist du wenn man dich braucht?

Rausgerissen hat noch der Trip nach Schweden auf einer Partyfähre, die nichts anderes macht, als betrunkene Finnen von Turku in die schwedische Hauptstadt zu bringen - um eine Stunde später sofort zurückzufahren! Die ganze Nacht geht es im Duty Free Shop hoch her und aufgemascherlte Teens laufen aufgeregt durch die Gänge - wie damals in Caorle am Campingplatz. Ja, und weil das so absurd ist (nämlich dass man in die tollste Stadt der Welt schippert und dort nicht mal aussteigt!), haben Barbara, meine polnische Mitstreiterin im Austauschprogramm und ich einfach das Schiff verlassen (!!), die Stadt erkundet und uns nichtsahnend abends wieder am Terminal eingefunden. Nur um zu erfahren, dass wir hätten an Bord bleiben sollen. Diese "Mini-Cruise" ist doch wirklich nur zum Saufen und Einkaufen gedacht! Niemand will Stockholm sehen! 
Nach viel Heulen und Zähneklappern hat uns die strenge Check-in Dame dann doch noch gnadenhalber eingebucht (Traurige-Augen-Ostblock-Bonus) und wir durften in der nicht ganz so schicken Samstagsversion des Vortags-Sodom-und-Gomorrah-Gefährts heim nach Finnland reisen. Statt Sonne und 25 Grad erwartete uns in Turku wieder wie gewohnt der britische Mix aus Regen und Wind. Nachdem wir uns 1 Stunde lang die Sehenswürdigkeiten dieser im Reiseführer als "Juwel" beschriebenen Kleinstadt (einige Holzhäuser plus Kirche) angesehen hatten, waren wir um 10 Uhr abreisebereit. Um ein bisschen Abenteuer zu haben, wollten wir Autostoppen. Dieses Vorhaben hat uns zwar wieder mal die Liebenswürdigkeit dieses nordischen Völkchens bewiesen, aber uns keinen Meter weiter gebracht: Die Autofahrer bedauerten beim Vorbeifahren gestenreich ihr Nicht-Mitnehmen und wir erhielten von 5 Passanten Tipps, wo man sich doch am besten platzieren könnte aber nichts half: niemand war am Sonntag Mittag nach Tampere unterwegs. Uncool, dann doch halberfroren nach einer Stunde aufzugeben und bis 16 Uhr bei McDonalds auf den 10-Euro-Bus zu warten.

Kapitän müsste man sein - wunderschöne Sonnenuntergänge an Bord der Viking Grace...

10 Stunden in Stockholm...und man möchte nie mehr zurück! Begonnen bei der Zimtschnecke und WiFi im 7Eleven...dann Barbara in allen möglichen Posen beim Fotografieren fotografiert. Zufällig übers und ins Bianchi Café gestolpert. Und mein Highlight: Fotografiska - sehr empfehlenswert die Ausstellung "Bored Couples", da weiß man wieder, warum man gerne Single ist.

Kirche - check. Autostoppen wurde zwar fleißig dokumentiert (für die Forensiker nachher, man weiß ja nie), aber leider nicht von Erfolg gekrönt.

Nächste Woche versuchen wirs mit einem Roadtrip...irgendwohin. Ich habe sogar schon Flüge nach Wien gecheckt übers lange Wochenende in meiner Verzweiflung. Sonne und so!

Ach ja, ein Wort kann ich schon: Kitos. Hui!