Freitag, 3. April 2015

Die Metaebene des Radieschens

Wie immer im Leben zieht eine kleine Entscheidung einen wahren Rattenschwanz an Ereignissen und Konsequenzen mit sich. Unglaublich breitgefächerte Folgen möchte man meinen, wenn man in Relation setzt, dass es sich "bloss" um eine geführte Skitour aufs Stuhleck (sic!) an einem verschneiten Dezembernachmittag gehandelt hat. 

Nachdem ich ja jahrelang mit Manu diverse Hobbies - Winters wie Sommers - geteilt habe, die man alleine schwer ausüben kann (außer man heißt zB zufällig Alex Honnold), war es nach dem Umstieg aufs Bouldern Ende des Jahres Zeit, mir auch eine Skitourenalternative zu suchen. Denn, wer soll mich denn aus der Lawine ausgraben, wenn ich alleine unterwegs bin? Außerdem ist es ja manchmal im Pulk einfach schöner, besonders wenn man heulend beim Abfahren ist und dringend Trost braucht. Aber genug der egoistischen Betrachtungsweisen, ich gebe zu, ab und an bin ich gesellig! 

So, zurück zum Stuhleck und einem illustren Grüppchen, das sich aktuell gesehen als Goldschatz persönlicher Bereicherung für moi erwiesen hat. Nicht nur diverse lustige Skitouren inkl. ungewollten Fahrsicherheitstrainings auf dem Weg ins Mürztal gehören zu den Überraschungen meiner neuen Freunde sondern auch eine Übernachtung am Dachstein-Parkplatz im Hochwinter samt Schneesturmbesteigung desselben uuuuuund Anregungen zur Vermeidung weiterer Unterstützung unserer Überflussgesellschaft bzw. des vieldiskutierten Konsumwahns. 

Die folgenden Absätze sind frei erfunden und müssen im Konjunktiv verstanden werden, auch eventuell auftretende Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verblichenen Personen treten rein zufällig auf. 

Betrachten wir also das Hamstern (manch einer googelt auch nach "Dumpstern") näher. Warum wühlen vollzeitbeschäftigte Akademiker nächtens in fies riechenden Müllcontainern großer Supermarktketten? So gut erklären kann man das wohl nicht. Aber eine Überlegung, die sich mir als unbeteiligter Person aufdrängt wäre vielleicht, dass man erst wenn man mittendrin, davor oder neben einem Berg von immer noch essbaren Köstlichkeiten steht, für die der Durchschnittsmensch einen Gutteil des monatlich erarbeiteten Lebensunterhalts wenige Stunden davor (nicht) hingelegt hat, fragt man sich, wie verrückt unser System eigentlich ist. Viele Zeitungsartikel haben sich schon mit dem Phänomen befasst, das in den USA seinen Ausgangspunkt hatte. Aufgrund des gesetzlichen Korsetts (Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln), stetig forcierten Wachstums, immer unrealistischer werdender Anforderungen der Konsumenten selbst (oder wird "uns" nur unterstellt, um 18.55 noch  frisches Brot kaufen zu wollen) und der Angst vorm Ruiniertwerden der Billas dieser Welt hat sich eine riesige Schattenseite der stets vollen Regalböden und glänzenden Vitrinen aufgetan.

Neues Zuhause für den obdachlos gewordenen Butterbrot-Hansi

Kaum entspricht etwas nicht mehr den ("unseren") (ästhetischen) Ansprüchen (die natürlich entstehen, wenn Lebensmittelpreise stetig nach oben klettern), wird es weggeworfen. Denn von der Norm abweichende Dinge in unserer ständig nach Perfektion strebenden Realität verlieren sofort an Wert. 

So kommt es, dass Erwachsene vor Freude quietschen, wenn sie einen abgelaufenen Mandelstriezel aus einer fischelnden Tonne ziehen, für den sie im Shop nie freiwillig auch nur einen Cent bezahlt hätten. Solche Situationen sind bekanntlich kein Einzelfall sondern an der Tagesordnung in jedem einzelnen Supermarkt Österreichs (denken wir jetzt mal nicht global). Ganze Container werden entsorgt. Täglich. Und trotzdem schreiben die Handelsketten Gewinne? Was finanzieren wir alles mit dem Geld, das wir vorne bei der Tür hineintragen, obwohl mans hinten gratis bekommt, sobald die Sonne untergegangen ist und die Rechnung geht immer noch auf?

Eigentlich müsste hier an die Einleitung eine Diplomarbeit anknüpfen. Oder zumindest ein Seminar...oder das Verhör auf einer Polizeistation. Striezelfischen ist nämlich irgendwie verboten - aber macht ja auch niemand, soviel ich weiß.

Von der Mülltonne auf den Frühstückstisch?