Freitag, 10. August 2012

Desch hebt! (Virtuelles Tourenbuch: Johannisberg 3.453m, Hohe Riffl, 3.338m)

Welcome to hell - oder wie der Tiroler Bergführer sagen würde: Eine gemütliche Hochtourenwoche nahe des Großglockners. 

Wie die Schneekönige haben wir uns fast ein dreiviertel Jahr auf die Ausbildung zum Übungsleiter Hochtouren gefreut. Gut, daß wir wenigstens im Vorfeld Endorphine ausgeschüttet haben, vor Ort war das dann anders. Zugegeben, es ist ein bisserl schwierig, mit dem Hermannskogel als höchste Erhebung Wiens regelmäßig Bergkondition aufzubauen. Die Skitourensaison liegt auch schon hinter uns und naja, so sind wir als einzige Wiener dann am Großglockner Franz Josefs Höhe eingeritten. Der erste Tag war der schlimmste, bereits beim Aufstieg zur Hütte mit unseren Rucksäcken nach 3 Stunden Schlaf (Tagwache: 4 Uhr sharp) und verdorbenem Magen haben wir doppelt so lang gebraucht wie die restliche Mannschaft - da half dann die Ermahnung "es miaßts eign scho a bissal ronhoidn" auch nix mehr. Schlaf war auch in weiter Ferne: zuerst wurde bis ca. 21 Uhr noch Kartographie und Orientierung geübt - gegen 22 Uhr durfte ich dann endlich endlich mit 17 anderen (Saunaatmosphäre) ins Bett des Lager 3 der Oberwalderhütte fallen.


Tag 2 war nicht besser - kaum gings bergauf wars mit der Puste vorbei. Was solls, was einen nicht umbringt macht einen stärker. Im Laufe der nächsten Tage gings dann so weiter, nur dass aus jeweils ein paar Höhenmetern dann doch noch der Johannisberg und die Hohe Riffl sowie der Hufeisenbruch rauf und runter wurden. Die Newbies unter uns (also alle bis auf den Bergführer), hatten eine ganze Menge Praktisches und Theoretisches zu verdauen - Mannschaftszug, Seilrolle (Spaltenbergung), Kiwi- und Deutsche Methode (Ablassen im Firn), Toter Mann, selbstausdrehende Eisschraube, Boomerang Toter Mann, Eissanduhr, Standbau im Eis (Reihe und Ausgleich), Gehschule (mit Steigeisen) und Klettern sowie Abseilen, Münchhausentechnik (Spaltenbergung aus eigener Kraft) und Anseilen am Gletscher...dazu dann noch Theorieblöcke zur Gletscherbeschaffenheit, Touren- und Routenplanung, Orientierung und Kartenlesen, Rechtliche Aspekte und Wetterkunde. Unsere Tage waren kurz, aber lang :)

Abstieg Johannisberg, Nora beim Sichern (Wasserklang wieder mal?)
Manu in der Spalte...

Mitten im Gletscherbruch, Manu bei der Seilrolle,
Firnflanke Hohe Riffl (Toter Mann), Großglockner

Spazieren, Münchhausentechnik, Gehschule (unser armes Seil!),
Vintage-Besteigung Hohe Riffl

Daumenkino: Nora übt die Münchhausentechnik...

Das Tief war wohl am Mittwoch, als ich nach dem 100sten Versuch verzweifelt meiner kleinen Schwäche (mangelndes räumliches Vorstellungsvermögen) w.o. geben mußte: Weder der gesteckte Prusik noch den Wasserklang hatte ich geschafft. Und das, obwohl jeden Tag vor dem Schlafengehen eine Übungseinheit eingeschoben worden war. Frust. 

Auch das haben Manu und ich überstanden...genauso wie das Führen einer halben Tour (Manu: Johannisberg runter, ich: Hohe Riffl - heim) sowie unsere Lehrauftritte (Manu: Seilrolle, ich: Rückzug aus Firn und Eis). 

Was nach der Woche geblieben ist ist vor allem das Gefühl, daß man sich am Gletscher in einem völlig anderen, ungewohnten aber wunderschönen Raum befindet, der noch lange nachhallt, wenn man die verstopften Straßen Wiens entlanggeht und sich zurückwünscht in die schneebedeckte Einsamkeit, in der man ganz anderen Gewalten ausgesetzt ist als gewohnt. Irgendwie scheinen die Aufgaben so reduziert und lediglich auf das Überleben komprimiert (sorry für das Ausschweifen...) - Wind, Wetter, Nebel, Steigung, die Kletterpassage, eine Firnflanke schaffen, da oben haben Geld, Medien, Mode...keine Bedeutung. Man ist einfach froh über das Geschaffte und daß man was Warmes am Teller hat sowie ein Plätzchen zum Schlafen wartet. So anstrengend es war, so sehr ich mich auf Zuhause und seine Annehmlichkeiten gefreut habe, so sehr vermisse ich es und wünsche mir bald wieder eine Gelegenheit, eine Hochtour zu machen. Dachstein, wir kommen!!

Danke an Wolfgang, unseren Bergführer, der so geduldig mit uns war. In diesem Sinne: DESCH HEBT!

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